
Das folgende Interview habe ich mit der Krimiautorin Patricia Holland Moritz geführt, und zwar für die nicht mehr aktive Plattform ePub3. Seinen Platz hat es nun auf onlineshop-DIY.de
Dein neues Buch „Kältetod – Rebekka Schombergs zweiter Fall“ ist seit Juli draußen. Es geht um Mord, Politik und Chrystal Meth in Deiner Wahlheimat Berlin. Erzähl mal ein bisschen über die Protagonistin.
Meine Protagonistin ist einem nicht sofort sympathisch. Doch das geht auch mir auch im eigenen Leben so: Manchmal begegnen mir Menschen mit einer scheinbar rauen Schale. Entdecke ich auch nur ein kleines Zeichen – jenes Funkeln von etwas Interessantem oder Einzigartigem – an ihnen, dann sehe ich das als Herausforderung und versuche, hinter die Kulisse zu steigen. So sind die schönsten Freundschaften in meinem Leben entstanden. – Rebekka Schomberg ist widersprüchlich. Einerseits von dem Gewissen geplagt, über mehrere Millionen Euro zu verfügen, die letztlich nichts als Blutgeld ihres verbrecherischen Großvaters aus dem 2. Weltkrieg sind, andererseits setzt sie das Geld für die Lösung von Todesfällen ein, die ohne ihre Hilfe nie als Delikte entdeckt worden wären. Dabei lebt sie ein Leben, um das sie viele beneiden würden, wenn sie nur davon wüssten. Doch genau hier liegt die Krux: Rebekka ist die letzte Schomberg, und von ihrer Existenz weiß so ziemlich niemand. Sie lebt das Leben eines Chamäleons in selbst gewählter Einsamkeit, bleibt sie unerkannt und kann besser ermitteln, als es jeder Kripobeamte könnte.
Du hast eine Serie begonnen, einen Buchtrailer zum ersten Buch bei YouTube, und bist auf Lesetour, unterstützt von Deinen Verlagen (Gmeiner Verlag / fhl Verlag Leipzig). Wie war der Sprung von „ich schreib halt mal was“ zur professionellen Autorin? Gab es da einen „Erweckungsmoment“? Oder bist Du da ‚reingerutscht, du warst ja selbst beruflich in den Bereichen Buchhandel und PR tätig…

„Ich schreib halt mal was“ dachte ich als Kind, und ich begann Tagebuch zu schreiben. Es folgten Kurzgeschichten und Workshops, damals Arbeitszirkel genannt, wie z.B. der „Zirkel schreibender Arbeiter“, da hockte ich einmal im Monat mit ziemlich dilettantischen Gedichten und Geschichten, die den Weltfrieden forderten, und war noch Schülerin. Richtig gepackt hat mich das Fieber dann beim Abi. Wir trafen uns als kleiner Poetenstammtisch regelmäßig bei dem Chemnitzer Schriftsteller Rainer Klis. Ihm verdanke ich alles. Er hat jede noch so kurze Geschichte von mir nochmal gekürzt. Mir beigebracht, mich auf das Wesentliche zu konzentrieren und meine Leser nicht für doof zu halten, indem ich ihnen alles erkläre. Erst im Nachheinein erfuhr ich, dass unsere Treffen bei ihm auch von der Stasi beobachtet wurden, da Rainer in Miniaturen aus Metaphern seine Kritik am System DDR ausdrückte (von ihm hab ich gelernt, was eine Metapher ist und im Text bewirken kann). Als im Herbst 1988 meine Ausreise aus der DDR bevorstand, verbrannte ich alle meine Tagebücher und Briefe im Ofen meiner Dachgeschosswohnung im Leipziger Connewitz.
Die ersten Spuren meiner Schreiberei hängen nun im Leipziger Himmel, und das Verbrennen der Bücher verbindet mich mit Thomas Mann. Aber das ist dann auch schon alles an Parallelen. Ich habe es nicht so mit unseren großen Klassikern, sondern eher mit den anglosächsischen Autoren, mit John Irving, Woody Allen, John Connolly, Patricia Highsmith. Und als Ausnahme Ephraim Kishon. Erweckungsmoment gab es keinen. Wahrscheinlich wurde ich zu oft zu meiner Verwandtschaft mit Renate Holland-Moritz befragt, und dachte, dann muss ich halt auch schreiben.
Auf dem Wave-Gotik-Treffen in Leipzig warst du auch. Wie ist das denn so, vor Grufties zu lesen?

Naja, irgendwie ist meine Rebekka Schomberg, das Chamäleon, ja auch ein Gruftie. Ein Gefühlsgruftie on the Dark Side of Humanity, weil sie zwar Empathie und Seele hat, aber die Gesellschaft, in der sie lebt, nicht sonderlich mag. Sie kommt zu oft mit den Verbrechen, der Verlogenheit und der Karrieregeilheit ihrer Mitmenschen in Kontakt, um sie wirklich zu mögen oder ihnen wenigstens zu vertrauen. – Das war schon meine zweite Lesung auf dem Wave-Gotik-Treffen, und ich hoffe, nächstes Jahr bin ich wieder dabei. Wunderbare Leute, gerade wie du und ich.
Eine Frage zur Technik. Du publizierst als Taschenbuch, aber auch eBooks für den Kindle und im ePub-Format. Wie sieht denn der Workflow aus? Mit welchem Programm schreibst du die Story, und wie geht es dann weiter?
Mit der Technik habe ich es gar nicht, außer mit der Technik beim Schreiben – vom Plot zum Buch. Natürlich ist es wunderbar, dass meine Bücher zeitgleich auch als Ebooks erscheinen. Ich schreibe jedoch ganz klassisch in Word, die elektronische Verarbeitung übernehmen dann zum Glück die Verlage.
Lass uns über die Zukunft sprechen. Material für Band 3 wird schon gesammelt?
Ja, ich sammle wie verrückt. Doch mit dem Schreiben beginne ich immer erst, wenn der Vertrag mit dem Verlag unterzeichnet ist und ich einen Zeitplan habe. Band II endet nach dem gelösten Fall ja mit einem Cliffhanger – und das erste Feedback meiner Leser ist zu 90%: Wann kommt Band drei? Du kannst uns doch nicht hängen lassen?